Familienrecht in Österreich

Zur Rechtssituation von Familien in Österreich

Das österreichische Familienrecht wurde zuletzt 2013 im Rahmen des sogenannten KindNamRÄG 2013 (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz) reformiert.

Obsorge

Die Obsorge umfasst wesentliche Vertretungsrechte des Kindes, wie etwa die Schulwahl oder die Art der medizinischen Versorgung. Sie wurde im Rahmen des KindNamRÄG 2013 reformiert, womit man einem gesamteuropäischen Trend folgte, getrennt lebenden Elternteilen, zumeist ledigen Vätern, mehr Rechte einzuräumen. Nach einer Trennung verblieb die Obsorge weiterhin bei der Mutter, der Kindesvater konnte aber nun von sich aus – auch gegen den Willen der Mutter – die gemeinsame Obsorge . Das türkis-grüne Regierungsprogramm sieht einen Automatismus der gemeinsamen Obsorge nach der Trennung für ledige Eltern vor. Anstatt von Obsorge soll außerdem von „elterlicher Verantwortung“ die Rede sein.

Kontaktrecht

Das Kontaktrecht, also die praktische Aufteilung der Betreuungszeiten, wurde 2013 nicht geändert. Richter*innen steht es nach wie vor frei, sich im jeweiligen Fall für ein Residenzmodell, einen erweiterten Umgang oder ein Doppelresidenzmodell zu entscheiden. Die Gesetzesnovelle will die Doppelresidenz in Form von Drittellösungen zum Leitmodell machen und dies auch mit finanziellen Anreizen verknüpfen. Mit Drittellösung ist gemeint, dass jedem Elternteil automatisch – ohne Begutachtung der bisherigen Betreuungsverhältnisse – ein Drittel der Zeit zugesprochen .

Aufenthaltsbestimmungsrecht

Verknüpft mit dem Residenzmodell, aber auch dem erweiterten Umgang ist nach der Trennung ein Hauptaufenthalt des Kindes festzulegen, an den in weiterer Folge auch die Transferleistungen fließen. Sollte dieser Hauptaufenthalt bei Doppelresidenzfällen zugunsten von zwei gleichwertigen Wohnsitzen aufgehoben werden, würde dies bedeuten, dass eine Übersiedlung ohne Zustimmung des Ex-Partners oder der Ex-Partnerin innerhalb Österreichs nicht mehr wie bisher möglich ist.

Familiengerichtshilfe

2013 kam es zu einer weiteren einschneidenden Reform: Die Einführung der sogenannten Familiengerichtshilfe.  Es handelt sich dabei um eine Justizbehörde, die Richter*innen in Verfahren unterstützten soll. Die Familiengerichthilfe wurde mit der Kompetenz ausgestattet, die Eltern zu klärenden Gesprächen (Clearings) einzuladen oder verpflichtende Mediation anzuordnen. Außerdem können Richter*innen Stellungnahmen zu Betreuungszeiten, Erziehungsfähigkeit, etc. einfordern, die davor ausschließlich von gerichtlich beeideten Sachverständigen durchgeführt wurden.

§ 138 ABGB Kindeswohl

In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere

 

  1. eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;
  2. die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;
  3. die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;
  4. die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;
  5. die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;
  6. die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;
  7. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;
  8. die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen;
  9. verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;
  10. die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;
  11. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie
  12. die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung.

Hilfreiche Links

Trennung und Scheidung

Gewalt in der Familie